Bon Dia,

wir sind Freitagabend (vor zwei Wochen) kurz nach Anbruch der Dunkelheit in die Bucht von Palmeira auf Sal, einer der 10 Kapverdischen Inseln eingelaufen. Ein wenig spannend sich im Ankerfeld mit unserem Handscheinwerfer zurecht zu finden, doch es hat super geklappt! Der Anker hält und wie wir am nächsten Morgen sehen konnten, war es ein perfekter Platz mitten im Getümmel 🙂
5 Tage und Nächte auf dem Wasser und fast zu müde viel zu schreiben. Hier ein paar Gedanken von unterwegs:

Atlantik, 2. Dezember
Es ist 03.00 Uhr, 7 Windstärken pusten uns in die richtige Richtung, wir sind schnell, es schaukelt stark und die Wellen haben sich in den letzten Stunden aufgebaut. Wir haben das Groß im 2. Reff und die Fok deutlich verkleinert. Alle paar Minuten klatscht mal eine gegen die Bordwand und es spritzt bis ins Cockpit. Der Himmel ist klar und die Sterne blinzeln. Der Mond blendet!
Das sind keine vorhergesagten 4 Windstärken! Etwas weniger dürfte es ruhig sein, aber wir wollen nicht klagen, gab es doch gestern teilweise zu wenig bzw. Wind aus der falschen Rtg, den Motor brauchen wir jedenfalls nicht anschmeißen. Es war so ruhig und schön, das wir in der Sonne Weihnachtskarten stempeln und basteln konnten.
Unglaublich, das der Wind einen einfach so nach Afrika pustet! Die nächsten Böen legen das Boot ordentlich über und der Autopilot hat Arbeit dagegen zu steuern und das Boot nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Wie gut das wir ihn haben und wir die Nacht und Wellen unter Deck abreiten können. Alle 15 Min geht der Wecker, dann schaut sich der Wachgehende um, holt den Laptop aus dem Ruhezustand. dedümmdedümmdedümmmdedümmdedümmdedümm na, wer erkennt den Klingelton? Der Timer ist abgelaufen, wieder sind 15 min um und ich geh mal ne Runde.
Draußen weht ein steifer Wind, nix da frische Brise liebe Gripfiles (Wettervorhersage) warm ist sie, aber ordentlich, der Mast torkelt unter Orion hin und her, da rollt die nächste große Welle an und platsch gegen die Bordwand. Der Mond bestrahlt die weißen Segel hell. Das AIS zeigt weit und breit kein Schiff, was sich mit meinem Ausguck deckt. 200 sm links von uns liegt die Grenze zwischen western Sahara und Mauritania…schonmal von gehört? Liegt gleich oberhalb von Gambia und Senegal.
400 Seemeilen noch (1 Seemeile= 1,85 km) bei dem Speed von 7-8 kn wären wir Fr dort, die Geschwindigkeit ist ok, doch die Schaukelei und die Welle von der Seite echt anstrengend. Der Körper balanciert ständig aus, sogar Liegen kostet Kraft. Mia dreht sich einige Male auf dem Salonschlafplatz, aber schlummert seit 2000 Uhr vor sich hin. Noah baumelt in der Hängematte, Georg liegt bei weggeräumtem Spielzeugkoffer und Netzen eingekeilt in Mias Koje und schläft. Ich werde gleich auch mal meine Augen schließen, damit das Merresengelchen, abgesandt vom Weihnachtsmann den Adventskalender am Mastfuß neu bestücken kann:-) dedümmdedümmdedümmmdedümmdedümmdedümm Nächster Wachgang, Schalter am Laptop drücken, Umschau draußen, AIS check Laptop und ein Husten aus der Babyhängematte, dann ein Weinen – ‚Yes Mama kommt‘. Grösste Herausforderung: Noah aus der schaukeligen Matte herauszufädeln, Gleichgewicht zu halten und sich sicher in eine liegende Stillposition zu begeben…aber kein wirkliches Problem für Mama:-)

Atlantik, 4. Dezember
Seltsames Gefühl, in ca. 2 Std. müssten wir Land sehen, Georg spielt unten mit Mia und Noah quietscht fröhlich vor sich hin. Um uns herum hüpfen inzwischen immer wieder und überall fliegende Fische aus dem Wasser. Heute Nacht hatten sich zwei auf unser Vordeck verirrt…vor zwei Tagen war es noch ein Tintenfisch.
Wir sind seit 5 Tagen auf den Wasser. Das waren echt anstrengende Tage und Nächte. In der Nacht geht alle 15 min der Wecker und wieviel Schiffe haben wir gesehen? Eins! Ein belgisches Segelschiff vor drei Tagen…da fragt man sich wirklich, warum man nicht einfach schläft…ABER es reicht ja auch nur ein Schiff das zufällig den eigenen Kurs kreuzt und bummmm….das wollen wir uns besser nicht vorstellen, deshalb gehen wir brav Wache!
Vor der Abfahrt am Sonntag wurden noch Schnitzelchen, Frikos und Chorizo vom super Metzger aus San Sebastian gebraten…meine Schwester fragte verwundert, warum wir das denn vorher machen würden, wir hätten ja genug Zeit unterwegs. Es ist für viele sicherlich schwer sich vorzustellen wie sich so ein Bordalltag bei längeren Überfahrten anfühlt. Ich versuchs mal zu beschreiben: die ersten zwei Tage braucht der Körper um sich an die Bewegungen des Schiffes zu gewöhnen; ständig muss er sich ausbalancieren, abhängig von Windstärke und Richtung. Bei stetigem Wind von hinten rollt das Boot von rechts nach links, bei stetigem Wind von der Seite, segeln wir in Schräglage….dann kommt von beidem etwas und es rollt in Schräglage:-) sehr ermüdend vorallem, wenn man dann noch zwei Kinder von A nach B jongliert. Mia bewegt sich auf dem Boot während des Segelns meist krabbelnd, da sie sich nicht wie wir immer irgendwo festhalten kann. Keine Sorge, sie hat das Laufen, turnen, tanzen und springen noch nicht verlernt:-) Doch es ist wahr, das man sich insbesondere, wenn man ein mulmiges Gefühl im Bauch hat in der waagerechten aufhält und man recht viel rumliegt. Lesen und schreiben ist anfangs in der Position noch kaum möglich…vllt. kann man es damit vergleichen ein Buch auf der Achterbahn lesen zu wollen!?!
Wir sind also sehr froh zwischendurch einfach mal irgendwo reinbeißen zu können, deshalb die Kochaction vorab, denn essen und trinken ist auch anstrengend, ganz abgesehen von den damit verbundenen Toilettengängen, doch ohne Energiezufuhr noch weniger Power, logisch, oder? Kurzfassung: wir haben ziemlich viel rumgehangen:-) Hin und wieder haben wir es geschafft eine Konserve zu öffnen und zu erwärmen. Jeder Handgriff und jede Bewegung kostet einfach Anstrengung und will überbelegt sein. Das Spülen geschieht nun nur noch mit Salzwasser, wozu man noch eine Fusspumpe bedient: Hände Spülen, Fuß pumpt anderer Fuß und der Rest des Körpers versucht sich zu verkeilen und das Gleichgewicht zu halten.
Der Wind war nicht ganz so konstant und mild wie vorhergesagt, daher stand auch so manch ein Segelwechsel, Reff und Gedöns auf dem Plan.

Sal, 6. Dezember
Inzwischen sind wir einklariert (bei der Polizei und im Hafenbüro registriert) und haben uns ein wenig orientiert und genießen immer mehr die Ursprünglichkeit des Ortes und des Lebensstandards der sehr freundlichen Menschen hier. Nachdem Mia und Noah zunächst mit Küssen der anderen Kinder übersäht und die Haut und Haare erfühlt wurden, ist vor allem Mia schon fast integriert. Es wird bereits gemeinsam getanzt, gesprungen und gesungen, egal ob am Hafen, auf dem Spielplatz oder auf der Strasse.
Die erste Fahrt mit einem Aluguer (Sammeltaxi) haben wir auch schon hinter uns gebracht. Wer hätte gedacht, dass 16 Erwachsen und 4 Kinder in einen Toyota Minibus reinpassen. Und der ganze Spaß nur für 50 Escudos (ca. 50 Cent) kostet.
Inzwischen sind wir schon 10 Tage auf der Insel und verbringen eine wundervolle Zeit mit Oma und Opa UND mit Tante Diana, die überraschenderweise auch im Flieger saß! Wir wünschen euch allen einen schönen 3. Advent aus der Sonne und melden uns in den nächsten Tagen wieder mit weiteren spannenden Eindrücken von Sal, bevor wir dann zur nächsten Insel aufbrechen!

3 Replies to “Diesige Luft und Saharasand an der Reling…”

  1. Guntheropapa says:

    Hallo zusammen,

    Klasse, weiter so, das gefällt mir alles sehr gut und so ein wenig beneide ich Euch (ganz viel). Das sollt Ihr aber keineswegs negativ sehen. und mit den Kleinen scheint es ja ganz gut zu klappen.
    Ich hoffe, mein Wetterbericht stimmte bisher einigermaßen – besser kann ich es nicht und ich produziere die Informationen nicht selber. Schwieriger wird es allerdings, wenn ich eure Position nicht mehr habe. Theoretisch kann ich zwar mitloggen und auf dem Atlantik kommt das nicht so auf 100 sm an – aber so ungefähr wäre das doch sinnvoll. Viele Grüße GOP

    Antworten
  2. der Bifi says:

    Hallo ihr 4 Weltumsegler,
    herzliche Weihnachtsgrüße aus Leipzig sendet euch der Bifi. Schnee gibts hier dieses Jahr wieder mal nicht und es ist eher frühlingshaft als winterlich. Vielleicht sollte man über die Feiertage einfach mal nach Grönland oder Norwegen fliegen.
    Ich freue mich immer auf einen neuen Blog von euch, auch wenn mich die Fotos schon etwas neidisch und wehmütig machen. Weiterhin eine gute Reise mit vielen spannenden Eindrücken.

    Antworten
  3. Silke u. Paul says:

    Ihr Lieben!
    Wir schicken Euch auf die Zick Zag ein Licht, von Herz zu Herz, ein Freudestrahlen, ein Sternenfunkeln, ein Glühwürmchenblinken, ein Morgensonnenstrahl & ein helles Leuchten für eure Augen.
    Wir wünschen euch von Herzen zauberhafte Weihnachten und viele entspannte Segelstunden!

    Bald fahren wir mit den ganzen Jecken nach Holland und rutschen leider ohne Euch ins neue Jahr. Ihr werdet uns sehr fehlen! !! Macht weiter so !

    Liebe Grüße und guten Rutsch

    Silke u. Paul

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Silke u. Paul Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert